Vor vielen Jahren habe ich ein Bild der Zugspitze gesehen, dass sich im Verlauf der Jahre, zu einem Sehnsuchtsort verdichtet hat. Das Wetter war auf diesem Bild gut und die Sicht auf umliegenden Berge klar und fantastisch. Es musste am frühen Morgen aufgenommen worden sein, denn vom Morgenrot angestrahlte Wolken lagen in den Tälern. Kein Mensch war weit und breit auf der Zugspitzplattform zu sehen.
Jetzt wollte ich etwas ähnliches sehen und im Umfeld wandern. Ab Januar, quasi als Vorsatz für das neue Jahr, bereitete ich mich darauf vor. Es wurde für Mai eine Pension in Grainau gebucht, das liegt ganz nah an der Zugspitze. Zu Weihnachten bekam ich ein Wanderbüchlein über diese Gegend geschenkt. Strecken, bebildert und beschrieben wurden monatelang studiert.
Im Wanderbüchlein war eine Alpenwiese üppig blühend abgebildet. Ob ich so etwas auch sehen könnte? Traumhaft, auch Orchideen blühten in dieser Wiese.
Mit dem Zug konnte ich bis München durchfahren, dann umsteigen in den Zug nach Garmisch-Patenkirchen. Von dort mit dem Taxi bis vor die Pension. Mein Zimmer lag unter dem Dach. Das Fenster hatte überraschenderweise einen unverbauten Blick auf die Zugspitze. Ich konnte zum Teil die Seilbahn sehen und abends die beleuchteten Gebäude auf der Zugspitze, alles ca. 14 km entfernt.

Ein Wunsch schien in Erfüllung zu gehen. Von meinem Vermieter bekam ich eine Gästekarte. Mit ihr konnte ich einen Schattel-Bus oder ein kleines Bähnchen kostenlos benutzen. Davon würde ich reichlich Gebrauch machen.

Jeden Morgen und jeden Abend lag ich im Fenster und schaute zur Zugspitze hoch. Keine klare Sicht, es schien doch eher selten zu sein, dass die Zugspitze ganz ohne Dunst und Wolken war. Schlimme Waldbrände in Kanada schickten ihre Emissionen, in die Atmosphäre, rund um den Globus bis nach Süddeutschland.
Also nahm ich mir den Alpspitz (2 638m), als meinen ersten Wanderausflug, vor. Etwas niedriger als die Zugspitze (2 962m), fuhr eine Seilbahn bis ganz nach oben. Mit einem Kombi-Ticket konnte man auf halber Höhe eine andere Seilbahn (Kreuzeck Seilbahn) nehmen und zu Tal fahren. Außerdem gab es auf dem Berg eine Brücke, die weit über den Bergabhang ragte. Das sah wirklich spektakulär aus.
Die Seilbahn schwebte den Bergrücken hinauf. Unter uns Wiesen, auf jeder stand ein Schuppen zum Einlagern des Mähguts, alles kleine, längliche Parzellen.

Der Bergrücken ging von den Wiesen in Baumbestand über. Die Felsen wurden schroffer, die Bäume weniger. Dann ragten sie nur noch auf kleinen Flächen auf, wurden noch seltener, klammerten sich auf Felsvorsprüngen fest und gingen in Grasflächen über.

Wir hatten die Baumgrenze erreicht und tauchten in die alpine Landschaft des Osterfelderkopfes ein.
Ab und an ein kleiner Kieferbusch, dann nur noch Grasmatten. Ein herrlicher Ausblick erwartete mich. Klein und langgestreckt sah man auf die umliegenden Ortschaften tief im Tal.



Das Wetter war angenehm, nicht kalt aber auch nicht zu warm, ideal zum wandern. An meinem ersten Tag wollte ich es langsam angehen lassen, meine Fitness ausprobieren. Mein Rucksack war gut gefüllt und nicht ganz leicht. Die schwere Kamera, etwas zum Trinken, Wanderkarten,

Wechselkleidung und Obst.
Nachdem ich den Wegweiser studiert hatte, beschloss ich, bis zur nächsten Seilbahn zu laufen und den Rest des Weges mit ihr zu fahren.


Der Weg hatte teilweise ein starkes Gefälle. Gut ausgebaut und mit Schotter belegt, konnte man auf ihm ausrutschen. Die Steine rollten unter dem Fuß einfach weg. Wie gut das ich die Wanderstöcke dabei hatte, so fühlte ich mich bedeutend sicherer.
Doch ich kam nicht weit, da ich langsam ging, um mir die Umgebung gut anzusehen, sah ich alle möglichen Gebirgsblumen am Wegesrand. Rucksack runter, Kamera raus und genau hingesehen. In dieser Höhe, die Temperaturen etwas kühler als unten, blühten sie.

Mein erster Enzian kam mir vor die Kamera. Wie schön!
Viele Male wurde der Rucksack abgesetzt und die Kamera bemüht.




Hatte ich gelesen, dass auf Kalkmagerrasen besonders gut Wildblumen blühen. Sie dann doch zu sehen oder muss ich sagen noch zu sehen, hat mich begeistert. Von Blume zu Blume, von Serpentine zur Nächsten ging es abwärts. Was für ein schönes Erlebnis. Die Berge begannen mich zu faszinieren. So mächtig und erhaben, schroff und außerhalb der Zeit.

Im oberen Teil des Alpspitz konnte man noch Schnee sehen, der aber taute. Die Brücke, ein kleiner Nervenkitzel. Im luftleeren Raum, mehr als 2 000 m unter sich.


Der Rest mit der Seilbahn war ein Kinderspiel. In meinem neuen Wohnort dann einen Kaffee und die Erkenntnis: Beine gut, Fitness gut, alles gut. Tolle Blumen gesehen, die ich noch nie gesehen habe. Ich bin hier, in den Alpen und es ist richtig schön hier.
MO
